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03.03.2021: Klimafolgen und Diversity in den medizinischen Staatsexamina verankern

Mainz, 3. März 2021 – Welche Auswirkungen hat der Klimawandel auf unsere Gesundheit? Wie können sich Krankheitssymptome geschlechtsspezifisch ausprägen, beispielsweise bei einem Herzinfarkt? Wie wirken Medikamente unterschiedlich bei Männern und Frauen? Was müssen Medizinerinnen und Mediziner wissen, um Patientinnen und Patienten unabhängig von ethnischer Herkunft oder kulturellem Hintergrund wirksam zu behandeln? Diese Fragestellungen umreißen neue Aufgaben, mit denen sich Ärztinnen und Ärzte in der Praxis konfrontiert sehen. Um diese Aspekte in den Prüfungen des Staatsexamens abzubilden, hat das Institut für medizinische und pharmazeutische Prüfungsfragen (IMPP), das verantwortlich für die Inhalte und Auswertung der bundesweiten schriftlichen Staatsprüfungen in der Medizin ist, zwei neue Arbeitsgemeinschaften (AG) gebildet. Die AG „Klima, Umwelt und gesundheitliche Folgenabschätzung“ und die AG „Gender und Diversity“ werden diese Themen in die sogenannten Gegenstandskataloge (GK) des IMPP überführen, in denen die Prüfungsinhalte für die Absolventinnen und Absolventen erfasst sind.

Das Begriffspaar Gender und Diversity umfasst auch soziökonomische Merkmale einer Person. Einkommensarmut wirkt sich auch in einem Sozialstaat indirekt oder unmittelbar auf die Gesundheit aus, statistisch ist eine um mehrere Jahre verringerte Lebenserwartung nachweisbar. Aktuell hat die Berichterstattung über die Covid-19-Pandemie weitere Aspekte in das Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt, beispielsweise die Zunahme von häuslicher Gewalt oder von Depressionen. Beengte Verhältnisse und Ausgehverbote begünstigen diese Krankheitsbilder. Angehende Ärztinnen und Ärzte sollten diese Zusammenhänge verstehen, um ihre Patientinnen und Patienten gut zu behandeln. Auch bei der medikamentösen Behandlung wird beispielsweise immer deutlicher, dass viele Arzneien je nach Geschlecht des Behandelten nachweisbar unterschiedlich stark wirken. Unter dem Klimawandel, konkret unter Hitzewellen, leiden hingegen insbesondere ältere Menschen sehr stark. Neben Hitzeschlagopfern treten auch bestimmte Krankheitserreger vermehrt auf.

„Gender, Diversity, Armut und der Klimawandel sind jeweils für sich betrachtet Meta-Themen, die vielfältige direkte und indirekte Folgen für die Gesundheit der Menschen haben und sich teilweise wechselseitig beeinflussen und verstärken. Deswegen werden die beiden neuen Arbeitsgemeinschaften eng zusammenarbeiten und sich dabei mit anderen beteiligten Berufsgruppen abstimmen, wie den Pflegekräften und Sozialarbeitern“, sagt Professorin Jana Jünger, Direktorin des IMPP. Aus den Ergebnissen der AGs werden neue Lernziele für die Studierenden der Medizin, Pharmazie, Psychotherapie und Zahnmedizin entwickelt.

„Interprofessionelle Geschäftsstelle“ des IMPP geht an den Start

Die neue „Interprofessionelle Geschäftsstelle“ des IMPP koordiniert die Arbeit der rund 100 Expertinnen und Experten der beiden AGs, um einen Auftrag aus dem „Masterplan Medizinstudium 2020“ zu verwirklichen, der eine grundlegende akademische Reform des Humanmedizinstudiums anstrebt und dabei auch jüngste gesellschaftliche Entwicklungen berücksichtigen wird. „Die Überarbeitung der Gegenstandskataloge des IMPP ist ein permanenter Entwicklungsprozess, um jeweils aktuelle politische Anliegen und gesellschaftliche Herausforderungen in den Prüfungen zu berücksichtigen. Die große Resonanz in den Fakultäten, Fachgesellschaften, Verbänden und Institutionen des Gesundheitswesens sowie die Bereitschaft, hochrangige Vertreter zu benennen, zeigen wie wichtig diese Herausforderungen für die Gesundheitsberufe sind. Wir freuen uns besonders über das große Engagement der Studierenden“, sagt Professorin Jana Jünger, Direktorin des IMPP.

Der Begriff „Gegenstandskatalog“ beruht auf einer älteren Übersetzung des englischen „learning objectives“, die damals als „Gegenstände“ übersetzt wurden. Der GK enthält also die Prüfungsgegenstände, die im Vorfeld für die verschiedenen Prüfungsabschnitte festgelegt wurden und für jeden Prüfungsteilnehmer verfügbar sind. Die Gegenstandskataloge werden stets gemeinsam mit Sachverständigen, Fachexpertinnen und Experten sowie den medizinischen Fakultäten erstellt. „Dank unseres Netzwerkes und unserer Kooperationspartner in den Fakultäten und Gesundheitsberufen konnten wir auch für den Klimafolgen-Komplex sowie die Diversity-Themen anerkannte Fachleute gewinnen, die ihr Wissen einbringen“, erläutert IMPP-Direktorin Jana Jünger. Um die Koordination kümmern sich Dr. Jens Hammann, der die „Interprofessionelle Geschäftsstelle“ im IMPP leitet, und Susan Freiberger, die sich um die organisatorische und administrative Koordination kümmert.

Stimmen zur „Interprofessionellen Geschäftsstelle“ des IMPP

„Im Zuge der Weiterentwicklung der Gegenstandskataloge bündelt das IMPP die Ideen der Fachleute, bevor diese in konkrete Prüfungsfragen überführt und einem strengen Reviewverfahren unterzogen werden. Schließlich werden diese Themen in den Staatsexamina geprüft.
So sorgen wir für kompetente Berufsanfänger und verbessern die Gesundheitsversorgung in Deutschland.“
Prof. Dr. Jana Jünger, MME (Bern), Direktorin des Instituts für medizinische und pharmazeutische Prüfungsfragen (IMPP)

„Die GK-Kommission des IMPP hat beschlossen, die beiden neuen Arbeitsgemeinschaften ins Leben zu rufen, um die Lebensrealität im Gesundheitswesen zukünftig noch besser abbilden zu können. Dabei leitet uns stets die Frage, welche Inhalte sind für Studierende und Patientinnen und Patienten relevant.“ Prof. Dr. Eckhard Nagel, Geschäftsführender Direktor des Instituts für Medizinmanagement und Gesundheitswissenschaften der Universität Bayreuth sowie Vorsitzender der GK-Kommission am IMPP

„Leider fehlt in der Praxis vielen Medizinerinnen und Medizinern das Wissen, das auch in Deutschland arme und sozial benachteiligte Menschen häufig unterversorgt sind. „Die Ärzte sind die natürlichen Anwälte der Armen“, stellte schon Rudolf Virchow fest. Dieser wichtige Identitätsaspekt ärztlichen Agierens muss wieder verstärkt in der Gesundheitsversorgung verinnerlicht und praktiziert werden. Umso mehr freut es mich, dass der Masterplan Medizinstudium und das IMPP auch Aspekte von ethischer Herkunft, Religion, sowie Flüchtlings- und Obdachlosenhilfe zum Thema machen.“ Prof. Dr. Gerhard Trabert, Sprecher für den Bereich Diversity in der AG „Gender und Diversity“, Professor für Sozialmedizin und Sozialpsychiatrie im Fachbereich Sozialwesen der Hochschule RheinMain sowie Vorsitzender von „Armut und Gesundheit in Deutschland e.V.“

„Die Themenbereiche Gender und Diversity betreffen die ganze Gesellschaft. Eine konkrete Verankerung in die Lernzielkataloge und somit in die medizinischen Staatsexamina scheint daher äußert wichtig und ist lange überfällig. Es wird damit die Möglichkeit geschaffen, dass zukünftige Medizinerinnen und Mediziner für Gender und Diversity sensibilisiert und sie damit noch besser auf ihre zukünftigen Tätigkeiten vorbereitet werden. Die medizinische Versorgung kann davon nur profitieren.“
PD Dr. Christian Brünahl, Sprecher für den Bereich Gleichstellung der AG „Gender und Diversity“ und Leiter der Masterplan-Gruppe am IMPP

„Klimawandel und weitere Umweltveränderungen stellen eine sehr große Gefahr für menschliche Gesundheit und Wohlergehen global und lokal dar. Die notwendigen Anpassungsmaßnahmen, aber vor allem auch das Potenzial zum integrierten Klima-, Umwelt- und Gesundheitsschutz müssen Menschen in allen Gesundheitsberufen verstärkt lernen und anwenden. Dafür muss es auch in den Prüfungen abgebildet werden.“ Dr.med. Eva-Maria Schwienhorst-Stich, Sprecherin der AG „Klima, Umwelt und gesundheitliche Folgenabschätzung“. Ärztin und Leiterin der Lehrklinik am Universitätsklinikum Würzburg.

07.05.2020: Bestehensregeln für die schriftlichen Teile der Ärztlichen Prüfungen am IMPP

Was bedeutet das konkret für die M2-Prüfung im Frühjahr 2020?

 

Nach der derzeit gültigen Approbationsordnung für Ärzte kommt nach dem Günstigkeitsprinzip entweder die absolute Bestehensgrenze (60 % der Gesamtpunktzahl) oder die relative Bestehensgrenze zum Tragen. Sollte bei Anwendung der relativen Bestehensgrenze die Bestehensgrenze niedriger als bei der absoluten Bestehensgrenze liegen, so wird die relative Bestehensgrenze angewandt und vice versa. Zur Ermittlung der relativen Bestehensgrenze wird zunächst die durchschnittlich erreichte Punktzahl der Teilnehmer*ìnnen in Regelstudienzeit ermittelt, und 78 % dieses so ermittelten Wertes ergibt, die relative Bestehensgrenze. Liegt diese relative Bestehensgrenze niedriger als die absolute (60-%-Regel), so kommt diese zur Anwendung. Das Günstigkeitsprinzip sorgt dafür, dass bei schwierigeren Examenskonstellationen wie zum Beispiel in der jetzigen Corona-Situation eventuelle Benachteiligungen von Studierenden ausgeglichen werden. Konkret bedeutet dieses, dass immer die für die Studierenden günstigere, d.h. die niedrigere, Bestehensgrenze gewählt wird (Günstigkeitsprinzip).

In der jetzigen M2-Prüfung vom Frühjahr 2020 kommt daher die relative Bestehensgrenze zur Anwendung. Bei der Anwendung der relativen Bestehensgrenze wird dadurch, dass in ihre Bestimmung die durchschnittliche Prüfungsleistung der Kandidatinnnen und Kandidaten in Regelstudienzeit einfließt, der besonderen Situation bei der Vorbereitung zu diesem Examen bereits Rechnung getragen.

Infolge der Anwendung des Günstigkeitsprinzips liegt bei der M2-Prüfung im April dieses Jahres die Durchfallquote bei 1,9 % und ist damit tendenziell etwas niedriger als bei den vergangenen M2-Examina zu Frühjahrsterminen. Eine Durchfallquote von unter 2 % bedeutet gleichzeitig, dass 98 % aller Studierenden Zugang zum Praktischen Jahr erhalten. Diese Regelung mit den zwei Bestehensgrenzen führt dazu, dass der Grundsatz der Chancengleichheit in Relation zu vergangenen Kohorten gewahrt wird. Die Auswertungsergebnisse dieses Examens bestätigen dieses Vorgehen.

 

Die Direktorin des IMPP

08.04.2020: Bestandsaufnahme und Aktionsplan zur Durchführung des Zweiten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung (M2-Examen)

 

 

Am 30. März 2020 hat das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) die "Verordnung zur Abweichung von der Approbationsordnung für Ärzte bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite" (im Folgenden: "AbweichungsVO") erlassen. Diese am 1. April 2020 in Kraft getretene AbweichungsVO hat unmittelbare Auswirkungen auf den für ursprünglich vom 15. bis 17. April 2020 geplanten Zweiten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung (M2-Examen). Die Verordnung lässt es in Abhängigkeit der Einschätzung des jeweiligen Bundeslandes zu, entweder das Examen stattfinden zu lassen oder zu verschieben. Dieses M2-Examen wird nicht bundeseinheitlich in allen Bundesländern durchgeführt werden können, da die in der AbweichungsVO formulierten Optionen einer Durchführung des M2-Examens von den Bundesländern unterschiedlich umgesetzt werden. In Baden-Württemberg und Bayern findet das M2-Examen im Frühjahr 2020 auf der Grundlage der Vorgaben in der Verordnung des BMG nicht statt. Dabei bieten die Bundesländer Berlin, Sachsen und Sachsen-Anhalt ihren Studierenden eine Wahlmöglichkeit an, wodurch es freigestellt wird, die Teilnahme am M2-Examen entweder - wie vom BMG grundsätzlich eingeräumt - zu verschieben oder aber am M2-Examen zum nächstmöglichen Termin, d.h. vom 15.-17. April 2020, teilzunehmen. Alle weiteren Bundesländer planen, das M2-Examen im April 2020 ohne Wahlmöglichkeit für die Studierenden durchzuführen. Nach aktuellem Sachstand werden damit drei verschiedene Optionen zur Durchführung des M2-Examens Frühjahr 2020 in Anspruch genommen.  

Dem IMPP ist es ein wichtiges Anliegen, dass die Studierenden so gut wie möglich in dieser schwierigen Situation unterstützt werden und gleichzeitig die Qualität zukünftiger Ärztinnen und Ärzte gesichert wird.

 

Bestandsaufnahme

Im Folgenden werden im Zusammenhang mit der AbweichungsVO einige zentrale Fragen geklärt:

 

  1. Wie stellt sich die Situation im Hinblick auf den M2-Frühjahrstermin 2021 dar?

    Die Approbationsordnung für Ärzte (ÄApprO) schreibt in § 14 Absatz 3 Satz 1 zunächst bundeseinheitliche Termine für die schriftlichen Prüfungen vor. Dabei sind nach § 14 Absatz 3 Satz 3 ÄApprO allen Prüflingen dieselben Prüfungsfragen zu stellen. Das bedeutet, dass für den Frühjahrstermin 2021 lediglich ein einziges M2-Examen vorgesehen ist. Satz 1 und 3 der Regelung müssen - nicht zuletzt aufgrund der Gesetzessystematik - im Zusammenspiel gelesen werden. Wenn ein bundeseinheitlicher Termin statt zu finden hat und allen Prüflingen dieselben Prüfungsfragen zu stellen sind, kann im Ergebnis nur ein einziges M2-Examen je Frühjahr bzw. Herbst angeboten werden. Unterschiedliche Prüfungsfragen für Studierende scheiden nach aktueller Gesetzeslage aus. Diese Regelung bleibt von der AbweichungsVO unberührt. Hinsichtlich der Bundeseinheitlichkeit der Prüfungstermine wird diese Annahme sogar ausdrücklich durch § 8 Satz 2 der AbweichungsVO bestätigt, wenn es heißt, dass das M2-Examen nach § 1 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 ÄApprO und nach § 7 Absatz 1 Nummer 1 AbweichungsVO zeitgleich durchgeführt wird. Da die AbweichungsVO lediglich Abweichungen von der ÄApprO regelt, ist im Umkehrschluss davon auszugehen, dass alle übrigen Regelungen der ÄApprO, von denen im Rahmen der AbweichungsVO nicht abgewichen wird, unverändert fort gelten. Dies gilt insbesondere für die Vorgabe, dass allen Prüflingen dieselben Prüfungsfragen zu stellen sind. Dementsprechend kommt nach § 14 Absatz 3 Satz 1 und 3 ÄApprO i.V.m. § 8 Satz 2 AbweichungsVO nur ein einziges M2-Examen für den Durchgang Frühjahr 2021 in Betracht. Um Studierenden unterschiedliche Examina anbieten zu können, müsste erneut von der ÄApprO abgewichen werden, was jedoch nicht vorgesehen ist.
  • 14 Absatz 3 ÄApprO:"Für die schriftlichen Prüfungen sind bundeseinheitliche Termine abzuhalten. Bei der Festlegung der Prüfungsaufgaben sollen sich die nach Landesrecht zuständigen Stellen nach Maßgabe einer Vereinbarung der Länder einer Einrichtung bedienen, die die Aufgabe hat, Prüfungsaufgaben für Prüfungen im Rahmen der ärztlichen Ausbildung sowie eine Übersicht von Gegenständen, auf die sich die schriftlichen Prüfungen beziehen können, herzustellen. Dabei sind jeweils allen Prüflingen dieselben Prüfungsaufgaben zu stellen. [...]" 
  • 8 VO Abw. ÄApprO: "In den Fällen des § 7 Absatz 1 Nummer 1 sollen abweichend von § 28 Absatz 1 Satz 3 der Approbationsordnung für Ärzte in angemessenem Umfang auch die berufspraktischen Anforderungen an den Arzt und die Krankheitsbilder, die im Zusammenhang mit der Bekämpfung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite stehen, Prüfungsgegenstand sein. Dies gilt auch für den Zweiten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung nach § 1 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 der Approbationsordnung für Ärzte, der zeitgleich mit dem Zweiten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung nach § 7 Absatz 1 Nummer 1 durchgeführt wird."

 

  1. In welchem Umfang werden die durch die AbweichungsVO geforderten Prüfungsinhalte im M2-Examen im Frühjahr 2021 enthalten sein?

    Nach § 8 AbweichungsVO sollen (abweichend von § 28 Absatz 1 Satz 3 ÄApprO) auch die berufspraktischen Anforderungen an die Ärztin und den Arzt sowie die Krankheitsbilder, die im Zusammenhang mit der Bekämpfung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite stehen, Prüfungsgegenstand sein. Die Inhalte sollen in angemessener Weise im Examen vertreten sein. Diese Angemessenheit wird dadurch gewährleistet, dass das IMPP diesbezüglich eine Expertengruppe eingerichtet hat, die sich mit der von der AbweichungsVO geforderten Anpassung der Prüfungsinhalte befassen wird. In Zusammenarbeit mit den IMPP-Sachverständigen, dem MFT, den Fachgesellschaften und dem ÖGD erstellt das IMPP ein Lernskript hinsichtlich dieser Prüfungsinhalte.

  2. Ist gesetzlich eine Option vorgesehen, das M3-Examen nach hinten zu verschieben?

    Über eine Festlegung bzw. Verlegung der Termine des M3-Examens entscheidet das zuständige Landesprüfungsamt. Die ÄApprO macht hier keine Vorgaben, § 16 Absatz 1 Satz 1 ÄApprO legt lediglich fest, dass das M3-Examen in den Monaten Mai bis Juni bzw. November bis Dezember stattfindet. Das M3-Examen könnten somit von den zuständigen Landesprüfungsämtern - je nach angedachtem Termin - um einige Wochen "nach hinten", also auf Mitte bis Ende Juni 2021, verschoben werden. Nach der aktuellen Gesetzeslage ist es also möglich, den Studierenden durch Verschiebung des M3-Examens mehr Zeit zwischen den einzelnen Examina zu verschaffen.

  3. Wie viel Zeit liegt zwischen Beendigung des vorzeitigen Praktischen Jahres und dem M2-Examen bzw. zwischen dem M2 und dem darauffolgenden M3-Examen?

    Das BMG hat die Dauer des vorzeitigen Praktischen Jahres (vPJ) von 48 auf 45 Wochen verkürzt. Zusätzlich starten die Studierenden, die von der Regelung des § 7 Absatz 1 Nummer 1 AbweichungsVO betroffen sind, bereits am 20.04.2020 in ein vorgezogenes PJ, das (bei dessen Durchführung in Vollzeit) mit Ablauf des 28.02.2021 endet. Dementsprechend verbleiben den Studierenden 6 Wochen Vorbereitungs- bzw. Wiederholungszeit bis zum M2-Examen. Häufig nehmen die Studierenden den gesamten ihnen zur Verfügung stehenden Urlaub (20 Tage können im Rahmen eines Ausbildungsabschnittes genommen werden) am Ende des vPJ. Dadurch würde sich die Vorbereitungszeit um den gesamten Februar auf insgesamt 10 Wochen verlängern. Das M3-Examen findet gemäß § 16 Absatz 1 Satz 2 ÄApprO im Mai und Juni statt, die genauen Termine sind durch die Landesprüfungsämter festzulegen und können variieren. Den Studierenden verbleibt dabei zwischen den beiden Examina eine Zeit von mindestens 2,5 und höchstens - sofern das M3-Examen erst Ende Juni stattfindet - 10,5 Wochen.

  4. Wie können die Studierenden die ihnen zur Verfügung stehende Vorbereitungszeit effektiv nutzen?

    Den Studierenden, die von der Regelung des § 7 Absatz 1 Nummer 1 AbweichungsVO betroffen sind, steht für das M2-Examen eine Vorbereitungszeit zwischen 6 und 10 Wochen zur Verfügung. Sie haben sich bereits intensiv auf die Prüfung vorbereitet und werden dieses Wissen im vPJ anwenden und vertiefen. Dennoch ist eine Wiederholung, die auf dem Kenntnis- und Lernstand der Studierenden aufbaut, sinnvoll und empfehlenswert. In einem Schulterschluss zwischen der Expertengruppe des IMPP und den Kolleginnen und Kollegen von AMBOSS und Thieme (via medici) wurde gemeinsam beschlossen, die Studierenden in dieser herausfordernden Zeit durch Vorbereitungsexamina und an ihre Kenntnisstände angepasste Lernpläne zu unterstützen. Dazu wird in den kommenden Wochen gemeinsam intensiv an Lösungen gearbeitet, wie den Studierenden zeitnah und angepasst an ihre bereits erworbenen Kenntnis- und Lernstände Pläne zur Verfügung gestellt werden können. Diese Lernpläne werden auf die Studierenden zugeschnitten, die von der Regelung des § 7 Absatz 1 Nummer 1 AbweichungsVO betroffen sind, deren Examen also erst im Frühjahr 2021 stattfinden wird. Sie werden gemeinsam basierend auf medizindidaktischen Erkenntnissen und Ergebnissen der Prüfungsforschung erstellt. Dabei soll das Lernen durch wiederholtes Prüfen effizient gestaltet werden. Studien belegen, dass prüfungsunterstütztes Lernen eine effektive Methode darstellt, die Lernresultate verbessern kann [1-4]. Wiederholtes Prüfen führt zu einem effektiveren Lernerfolg als wiederholtes Lernen. Es konnte nachgewiesen werden, dass sowohl langfristiges Behalten von Wissen als auch der Transfer des Wissens in unterschiedliche Bereiche positiv beeinflusst werden [5-7]. Das IMPP berät und unterstützt die Kolleginnen und Kollegen von AMBOSS und Thieme in der Erstellung der Lernpläne. Für Studierende, deren Online-Zugänge zu AMBOSS und Thieme ausgelaufen sind und die keinen Zugang über ihre Fakultät zur Verfügung gestellt bekommen, entstehen keine erneuten Kosten. Die Lernpläne werden die Studierenden mit einem Zeitaufwand von ca. 10 Lerntagen verteilt über das ganze vPJ und ca. 40 Lerntagen nach dem vPJ in der Wiederholung des Lernstoffs für das M2-Examen begleiten. Integriert werden zwei vom IMPP erstellte M2-Vorbereitungsexamina mit ca. 100 Fragen, die dem IMPP-Blueprint für das M2-Examen entsprechen. Der genaue Zeitraum dieser Online-Tests wird noch bekannt gegeben. Die Studierenden werden in dieser Ausnahmesituation somit bestmöglich begleitet und in der Wiederholung ihrer bereits erlernten Kenntnisse unterstützt.

  5. Welche Effekte sind durch die zeitlich engere Abfolge von M2 und M3-Examen hinsichtlich der Ergebnisse der Prüfungsteilnehmer zu erwarten

    Viele Studierende haben derzeit die Sorge, dass sie durch die zeitlich engere Verknüpfung von M2 und M3-Examen und damit verbundener hoher emotionaler Belastung Nachteile erleiden könnten. Teilweise wird der Begriff des "Hammerexamens" verwendet. Dieser anlässlich der Änderung der Approbationsordnung 2002 im Nachgang der ersten Examina aufgetauchte Begriff wurde jedoch damals - wie auch heute – in Bezug zu einer zeitlichen Verbindung des schriftlichen und mündlichen Examens verwendet. Die erhöhte Durchfallquote der ersten Prüfungskohorte im M2-Examen nach der neuen ÄApprO im Jahre 2006 führte zur Entstehung des Begriffes Hammerexamen. Dabei blieb außer Acht, dass die Erhöhung der Durchfallquote nicht auf die zeitliche Verbindung des Zweiten und Dritten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung, sondern auf die Einführung neuer, für die Studierenden noch ungewohnten Fragetypen und die Auflösung der fachbezogenen Stoffgebiete sowie das Einführen neuer Querschnittsbereiche zurückzuführen war. So wurde nach der damals neuen ÄApprO ein Großteil der Prüfungsfragen in Form von sternförmigen Fragen zu längeren Fallbeispielen gestellt. Die dazugehörigen Fragen stammten aus unterschiedlichen Fachgebieten. Die schriftlichen Prüfungen sollten damit praxisorientierter und interdisziplinärer werden. Ein weiterer Grund für das deutlich schlechtere Abschneiden der ersten Kohorte lag in der fehlenden Lehrbuchliteratur und den noch nicht vollständig umgesetzten Reformen in den Fakultäten, sodass die Studierenden sich nicht gezielt auf die neuen Fragetypen vorbereiten konnten. Diese Annahme wurde dadurch bestätigt, dass sich die Durchfallquoten und Statistiken im Anschluss an die Approbationsordnungsänderung allmählich wieder auf das vorherige Niveau zubewegt haben. Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass international häufig eine zeitliche Verbindung zwischen dem schriftlichen und mündlichen Abschlussexamen besteht. So beträgt in der Schweiz der Abstand zwischen schriftlichem und mündlich-praktischem Teil der eidgenössischen Prüfung in Humanmedizin vier bis fünf Wochen.

    Die Unabhängigkeit der Examensergebnisse von der zeitlichen Terminierung des M2-Examens wurde bereits 2010 durch ein Forschungsteam der LMU unter Leitung von Prof. Dr. med. Martin Fischer gezeigt. Bei einem Vergleich der Ergebnisse zweier Kohorten (Vergleich zwischen einer Kohorte vor und einer Kohorte nach der Approbationsordnungsänderung 2002) waren nur minimale Abweichungen zu finden [8]. In einer Studie von Krautter et al. 2012 wurde gezeigt, dass durch eine gezielte Testvorbereitung mit identischen Fragetypen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sich sicherer in der realen Prüfungssituation fühlten [9]. Die Daten der Auswertung des IMPP im Jahr 2014 mit gleichzeitiger Prüfung von insgesamt ca. 11.000 Prüflingen und nahezu identischen Kohortengrößen für Kohorte A (M2 nach PJ) und Kohorte B (M2 vor PJ) bestätigten diese Ergebnisse für das gesamte Bundesgebiet (vgl. Tabelle 1).
 

Anzahl der Teilnehmer

Richtig beantwortete Fragen

Note 1

Note 2

Note 3

Note 4

Note 5

Kohorte A:

Examen nach PJ, ÄApprO 2002

5137

77,9 %

3,5 %

42,8 %

41,3 %

10,3 %

2,0 %

Kohorte B:

Examen vor PJ,  ÄApprO 2012

5850

77,3 %

3,1 %

39,9 %

41,9 %

13,0 %

2,1 %

Tabelle 1: Vergleich von Prüfungskohorten

Die Gesamtverteilung der Notenstufen ist für beide Prüfungskohorten vergleichbar und nicht signifikant unterschiedlich, es zeigten sich sogar bei der vergleichenden Betrachtung einzelner Notenstufen leicht bessere Ergebnisse bei Prüflingen mit abgelegtem PJ. Insbesondere sind die Notenstufen 1 und 2 häufiger bei der Prüfungskohorte nach PJ vertreten.

Die verständliche subjektive Wahrnehmung und auch Befürchtung der Studierenden, bei einer Prüfung nach dem PJ schlechter abzuschneiden als vor dem PJ, deckt sich also nicht mit den objektiven Ergebnissen verschiedener Studien und den Auswertungen des IMPP. Es ist somit zu erwarten, dass die Studierenden, die das M2-Examen erst im Frühjahr 2021 absolvieren, mindestens so gut abschneiden, wie die Studierenden, die jetzt das M2-Examen schreiben.

 

 

  1. Das IMPP hat auf seiner Webseite den neuen Gegenstandskatalog für den Zweiten Abschnitt der Medizin (GK-2) veröffentlicht. Dieser sollte ursprünglich ab dem Frühjahrsexamen 2021 gültig sein. Werden die Teilnehmer, die ihr vPJ vor dem M2-Examen ablegen werden, bei ihrem Examen im Frühjahr 2021 Nachteile durch einen angepassten GK-2 haben?

    Aufgrund der erlassenen AbweichungsVO wird es in Bezug auf die Einführung des neuen GK-2 zu keinen Nachteilen für die Teilnehmer kommen. Das IMPP wird die Einführung des neuen GK-2 um ein Jahr, d.h. auf das Frühjahr 2022 geplante M2-Examen, verschieben. Die doppelte Verschiebung berücksichtigt, dass Studierenden, die ein Teilzeit-vPJ absolvieren, keine Nachteile entstehen sollen.

 

Aktionsplan

Zusammenfassend nimmt das IMPP folgende Maßnahmen vor, um den Auswirkungen dieser besonderen Situation entgegenzutreten:

  1. Bildung einer Expertengruppe zur Überarbeitung der Prüfungsinhalte des M2-Examens im Frühjahr 2021 anlässlich der vom BMG erlassenen AbweichungsVO

  2. Erarbeitung und Bereitstellung eines Lernskripts für die von der AbweichungsVO geforderten Prüfungsinhalte in Zusammenarbeit mit dem MFT, den IMPP-Sachverständigen, den Fachgesellschaften und dem ÖGD

  3. Erarbeitung von an die Kenntnisstände der Studierenden angepassten Lernplänen in Kooperation mit AMBOSS und Thieme (via medici)

  4. Bereitstellung von zwei M2-Vorbereitungsexamina für die von der Regelung des § 7 Absatz 1 Nummer 1 AbweichungsVO betroffenen Studierenden

  5. Verschiebung der Gültigkeit des neuen GK-2 vom 30.11.2019 auf das für das Frühjahr 2022 geplante M2-Examen

 

Wir Alle haben uns gewünscht, dass die Examina wie bisher hätten ablaufen können, dies ist aufgrund der pandemischen Situation nicht möglich. Wir zollen den intensiven und schwierigen Entscheidungen in den Ministerien der Länder und dem Bund höchsten Respekt und erkennen an, dass Abwägungen je nach Risikolage und der Situation in den Ländern zu unterschiedlichen Entscheidungen führen können. Wir hoffen, dass alle Studierenden das Examen so gut wie unter dieser schwierigen Situation möglich bewältigen. Allen Beteiligten, die uns in der Erarbeitung des Aktionsplans unterstützt haben, insbesondere den Sachverständigen des IMPP, den Verlagen Amboss und Thieme, dem MFT und den externen Experten danken wir aufs Herzlichste für die unkonventionelle, hochengagierte und lösungsorientierte Zusammenarbeit in dieser weltweiten Krisensituation. Wir wünschen allen Studierenden, Ihren Angehörigen, unseren Kolleginnen und Kollegen, sowie allen erkrankten Patienten Kraft, solidarisches Miteinander, Gesundbleiben bzw. baldige Genesung.

 

Literatur

  1. Green ML, Moeller JJ, Spak JM: Test-enhancedlearning in health professions education: A systematic review: BEME Guide No. 48. Med Teach. 2018; 40(4):337-350.
  2. Binks S. Testing enhances learning: A review of the literature. J Prof Nurs.2018; 34(3): 205-210.
  3. Raupach T, Andresen JC, Meyer K, Strobel L, Koziolek M, Jung W, Brown J, Anders S. Test-enhanced learning of clinical reasoning: a crossover randomised trial. Med Educ.2016; 50(7): 711-20.
  4. Schuwirth L, Valentine N, Dilena P. An application of programmatic assessment for learning (PAL) system for general practice training. GMS J Med Educ.2017; 34(5).
  5. Karpicke JD, Roediger HL. The Critical Importance of Retrieval for Learning. SCIENCE, 2008; 319: 996-998.
  6. Butler AC. Repeated Testing Produces Superior Transfer of Learning Relative to Repeated Studying. J Exp Psychol Learn Mem Cogn. 2010;36(5):1118-33.
  7. Sennhenn-Kirchner S, Goerlich Y, Kirchner B, Notbohm M, Schiekirka S, Simmenroth A, Raupach T. The effect of repeated testing vs repeated practice on skills learning in undergraduate dental education. Eur J Dent Educ.2018; 22(1): e42-e47.
  8. Seyfarth M, Reincke M, Seyfarth J, Ring J, Fischer MR. Grades on the Second Medical Licensing Examination in Germany Before and After the Licensing Reform of 2002. Dtsch Arztebl Int. 2010; 107(28-29): 500–504.
  9. Krautter M, Jünger J, Köhl-Hackert N, Nagelmann L, Nikendei C: Evaluation eines strukturierten Prüfungsvorbereitungsprogramms für das 2. Staatsexamen (M2) nach neuer ärztlicher Approbationsordnung: Eine quantitative Analyse. Zeitschrift für Evidenz, Fortbildung und Qualität im Gesundheitswesen (ZEFQ) 2012;106:110-115.